.... und ziehe monatlich deutsche euro 1000 ein!
es wird sogar ein bißchen mehr sein als das, auch netto noch. die stelle von neulich – die nach dem fiesen bewerbungsgespräch: ich habe sie doch noch gekriegt! die erste wahl hat etwas besseres gefunden und wieder abgesagt. ganz kurzfristig rief es mich an, das personalbüro aus der hochschule meines vertrauens: ob ich die sekretariatsstelle noch machen wolle. ich habe mir fünf tage bedenkzeit erbeten, mit gefühlten dreiundneunzig menschen lang und ausgiebig darüber gesprochen und diskutiert und therapiert und mich dann dafür entschieden.
nun fasse ich es noch gar nicht: vor mir auf dem arbeitstisch in meinem büro für besondere maßnahmen liegt ein unterschriebener arbeitsvertrag: 85 % teilzeit. befristet für knappe fünf monate, beginnend mit dem ersten januar 2010. tausenderlei formulare und erklärungen und belehrungen wollen noch ausgefüllt und unterschrieben und wieder zurückgegeben, diverse atteste und bescheinungen eingeholt und abgegeben sein.
ich habe es noch gar nicht alles genau durchgelesen. aber ich glaube, irgendwo muss ich auch bestätigen, dass ich keine schläferin bin.
so kompliziert wie diesmal war es für mich noch nie, eine arbeit zu beginnen! meistens waren die menschen froh, wenn ich für sie arbeiten wollte, und ich habe nach einer kurzen besprechung einfach irgendwie angefangen und irgendwann ein honorar gekriegt. verträge gab es nur selten. der letzte vertrag, den ich unterschreiben durfte, war der rahmenvertrag beim öffentlich rechtlichen rundfunk.
der öffentlich rechtliche rahmen besagte, dass ich bereit war, mich unbegrenzt totzuarbeiten, ohne daraus jemals irgendeinen rechtsanspruch auf eine feste anstellung ableiten zu können. andererseits war der arbeitgeber nicht verpflichtet, mir aufträge zu erteilen. top & go! ich konnte also nie im voraus wissen, ob die honorare reichen würden für die miete am monatsende. es hing ja auch noch davon ab, ob die redaktionsassistentin alles korrekt und rechtzeitig abrechnete. ich erinnere mich an viele viele male, wo ich meinen netten berliner vermieter um einen aufschub bat. er zeigte jedes mal verständnis. dennoch war mir das jedes mal auch unendlich peinlich.
das wird jetzt anders, und diese aussicht erscheint mir wie die reinste erholung! ich darf genau 33,58 stunden in der woche arbeiten. diese zeit wird mir bezahlt, egal ob zu tun ist oder nicht. wenn weniger zu tun ist, kann ich im büro sitzen bleiben und gute laune verbreiten. wenn länger zu tun ist, kriege ich dafür freie zeit an anderer stelle.
überhaupt das allerbeste: geregelte arbeitszeiten! keine späten überstunden, keine nachtschichten, keine wochenenddienste. ich bin entzückt! das bedeutet auch: ich habe geregelte freizeit! das ist echte wertvolle freie zeit dann! denn: wenn eine weniger freie zeit hat, dann ist sie auch mehr wert.
etwas vergleichbares hatte ich zuletzt anfang der neunziger jahre. damals war ich für ein paar monate als bürokraft in einer zeitarbeitsfirma angestellt. die haben mich auf jobs geschickt von der schreibstubenmieze bei der bank meines misstrauens bis hin zur chefsekretärin im mittelstand. der mittelstandschef hätte mich damals gerne behalten. das ging natürlich nicht, denn ich musste doch erst noch rundfunkredakteurin werden und den dalai lama interviewen.
jetzt bin ich als journalistin endgültig gescheitert und kehre zur sekretärin zurück. daher trete ich die stelle mit sehr gemischten gefühlen an, denn es ist für mich auch ein - zumindest zweitweilig empfundener - gesellschaftlicher, ein sozialer abstieg damit verbunden. nicht, dass ich jemals das gefühl gehabt hätte, oben gewesen zu sein! ich doch nicht. und doch ….
der tarif für den öffentlichen dienst ist so mager, dass ich weiterhin beim hartzamt aufstocken muss, um auf mein existenzminimum zu kommen. das werde ich dann auch tun. obwohl es mir sehr schwer fallen wird, den gepflegten damen im personalamt die entsprechenden vordrucke zum ausfüllen zu geben. wer in diesem land will, worauf er einen gesetzlichen anspruch hat, muss sich was schämen und demütig katzbuckeln. ich werd's überleben und gegebenenfalls darüber berichten.
mein traumjob ist das also leider nicht, was da nun auf mich zukommt. trotzdem freue ich mich natürlich. dieser arbeitsvertrag wirkt besser als jedes pharmazeutische antidrepessivum. nach neun langen jahren ohne versicherungspflichtige beschäftigung (vom minimum für die künstlersozialkasse einmal abgesehen) werde ich wieder ein fast vollwertiges mitglied der bürgerlichen gesellschaft sein: zu 85 prozent, um genau zu sein. yeah! hosianna! zündet die lichter an!
meine vielen ehrenämter, die ich mir in all den jahren als daseinsberechtigung zugelegt habe, werde ich dann peu á abgeben und zurückfahren. die kostenlosen übersetzungen für das kinderhilfswerk, stapelweise: canceln! ehrenamtliche seminare in projektmanagement für nen appel ohne ei: canceln! die geschäftsführung eines gemeinnützigen vereins: minimieren! keine vorträge mehr ohne honorar. schluss mit der sittenwidrigen selbstausbeutung!
bloß meine abendkurse an der volkshochschule zweimal im jahr, die werde ich weiter machen. denn die sind zwar auch schlecht bezahlt, aber energetisch das reinste honigbonbon für mein herz.
ach ja, das büro für besondere maßnahmen bleibt natürlich geöffnet. mo jour wird nur zeitweilig die perspektive wechseln und über andere aussichten berichten.
gefeiert haben wir gestern abend übrigens auch schon, die teure treue freundin und ich: mit rosenblütenbiozisch. das kann ich sehr empfehlen!
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Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Denn irgendwas is' immer ....
[über den Umgang mit Katzen & Vermietern - und andere wichtige Dinge im Leben einer Frau]
Achtung. Achtung. Achtung.
Wir sind umgezogen!
Januar 2021
Das Büro für besondere Maßnahmen ist ab sofort erreichbar auf mojour.de
Nach und nach werden alte Beiträge – ggf. aktualisiert und überarbeitet – dorthin umziehen. Bitte folgen ... :-)