als ich vor mehr als sieben jahren in den süden zog, entdeckte ich den duft der rosen für mich.
schon seltsam, dass ich bis in meine lebensmitte dafür gebraucht habe. natürlich habe ich rosenduft auch vorher gemocht. aber niemals war er so wichtig für mich, dass ich ihn für immer um mich gewünscht hätte.
die rosen, die ich im blumenladen kaufte, die ich geschenkt bekam und die meine großstadtwohnung schmückten: sie ernährten mich allein optisch, berührten nur selten olfaktorisch meine seele.
zu meiner ersten wohnung auf dem land gehörte ein kleiner garten. keine frage – da musste eine rose her! ich brachte irgend eine mit aus dem baumarkt. ohne wissen und ohne den hauch einer ahnung, dass ich eine der schönsten und wertvollsten rosen überhaupt erwischt hatte, und dass diese der grundstock werden sollte für eine stachelige duftleidenschaft.
innerhalb weniger monate war meine baumarktrose meterhoch. schwer vom duft der blütenbüschel bogen sich die ranken. seither verduftet sie auf meinem schreibtisch, aromatisiert meinen tee und verwandelt mein schnödes badesalz in ein luxuriöses blütenblättermeer. jedes jahr aufs neue, von mitte mai bis weit in den herbst:
compassion heißt sie, das mitgefühl: kitschig rosa, manchmal mit gelbem schimmer oder irgendwie lachs – je nach wetter und dünger und alter ändert sie immer wieder einmal ihre farbe. der duft aber bleibt. daran erkenne ich sie mit geschlossenen augen.
zu meiner jetzigen wohnung gehört kein garten mehr, aber ich darf ein paar kübel auf das sonnige garagendach der vermieter stellen: dort wohnt meine compassion jetzt. im großen topf blüht sie nicht mehr so üppig wie anfangs im vulkanerdeboden. aber auch in diesem jahr hat sie sich wieder an mich verschwendet und mir dutzende blüten beschert.
heute habe ich ihre für dieses jahr wohl letzte sich öffnende knospe geschnitten. sie wirkt schon etwas müde nach den ersten frostigen nächten, und in ihren duft mischt sich ein hauch von melancholie.
weiterer knospennachwuchs ist keiner mehr in sicht. auch nicht von den anderen rosen, die im lauf der jahre dazu gekommen sind: dreizehn stachelige dornenfeen hüte ich inzwischen auf des vermieters garagendach. jede anders und jede willkommen in ihrer eigenen art.
so befindet sich meine compassion nun in bester gesellschaft. ihre liebste freundin ist eine dunkelrote, besonders stachelige mit namen 'fisherman's (girl-)friend'. dieses englische duftwunder kam im letzten jahr zu uns, geschenk einer lieben lieben freundin.
die rosen sind mir ein großer trost geworden und luxus in meinem prekären leben. in vielen anderen dingen habe ich gelernt, bescheiden zu werden, ohne verzichten zu müssen. es ist alles eine frage der würde. aber rosenduft muss sein!
wenn das internet duften könnte, würde das portrait der compassion auch vor eurem bildschirm jetzt ein feines rosenaroma verbreiten. vor meinem steht sie ja noch einmal in echt. aber pixel sind - in diesem falle: leider - geruchlos.
nicht mehr lang, dann werden auch ihre letzten blätter fallen. für lange monate wird meine schöne rose nichts anderes sein als ein stacheliger störrischer stock mit nichts dran.
so ist das im herbst. die ernte ist eingefahren. ehe der winter kommt heißt es, sich von vielem zu verabschieden, ballast abzuwerfen.
der duft der rose ist für mich nicht ganz verloren: ich habe ihn konserviert in meinem badesalz, um meiner erinnerung auf die sprünge zu helfen im winter. damit ich nicht vergesse, dass nach langer kalter eiszeit auch in meinem leben wieder duftender sommer werden wird. irgendwann.
ich muss nur ganz ganz fest daran glauben.
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Januar 2021
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