.... ein besonderes ereignis?!
aber hallo, und ob! heute vor einem jahr hat mo jour das büro für besondere maßnahmen eröffnet. wir feiern also geburtstag, mit großem vergnügen und bei schönstem sommerwetter!
b-berg: sommergrün |
an tagen wie heute erinnert mich die aussicht aus meinem bürofenster zweifellos an diesen standard-desktop von windoof: „grüne idylle“ heißt der. ihr wisst, was ich meine: genau so isses hier.
in meinem eröffnungsbeitrag vom siebten juli vor einem jahr war ich noch ziemlich schüchtern. schließlich hatte ich keine ahnung, was da auf mich zu kommt, wenn ich von jetzt auf gleich meine wörter ins WeltWeiteWeibernetz tröte. so ganz ohne vorankündigung. noch nicht einmal eine erlaubnis hatte ich mir eingeholt, kein formular ausgefüllt, keinen antrag gestellt. ich habe es einfach gemacht!
seither ist dieses weblog woche um woche an text, leserInnen, themen und intensität gewachsen: eine wöchentliche kolumne, so in etwa hatte ich mir das vorgestellt – den rahmen ganz vorsichtig abgesteckt, so dass ich auch meinen eigenen (viel zu oft viel zu perfektionistischen) ansprüchen würde gerecht werden können; um mich nicht selbst zu überfordern.
eine „milde wilde mischung“ hatte ich mir versprochen – und wenn ich zurückblicke auf dieses erste jahr, dann ist es genau das geworden. oh wie ich mich darüber freue!
nun habe ich mir selbst (und meinem geneigten publikum) gegenüber ein ganzes jahr lang wort gehalten. das macht mich froh, und es macht mich auch stolz. denn es zeigt, dass ich sehr wohl etwas aufbauen und durchhalten kann – wenn es nur das richtige ist!
natürlich, da habe ich sofort wieder diese böse alte stimme im ohr, die mir vorwirft: „nie bringst du was zu ende, ständig fängst du was neues an – nun mach doch erst mal das eine fertig .... und bleib‘ dann auch dabei!“ sie haben meine neugier, meine gier auf neues nicht ertragen, wollten mich kleinkariert und vorhersehbar, mich kontrollieren können.
aber ätschbätsch! nun habe ich etwas gefunden, wo ich jeden tag anders sein darf und doch immer ich selbst: ich schreibe mich in die welt. dabei darf ich sogar mich und meine meinung ändern! das tut so verdammt gut, dass ich mir kein schöneres mojour-geburtstagsgeschenk machen könnte, als mir vorzunehmen, genau so weiterzumachen!
mich zu ändern, das war mir verboten. ungefähr seitdem ich mit sechs in die schule kam und behauptet habe, lehrerin werden zu wollen. das hat der mutter gefallen, das war was solides, "vernünftiges". seither hat sie mich darauf festgenagelt. schonungslos. wie sie mich auf alles festgenagelt hat, was ich jemals tat oder äußerte, das ihre zustimmung fand.
wann immer wir uns sahen – und das war nach meinem auszug kurz nach meinem 18. geburtstag nicht mehr sehr oft – rief sie freudestrahlend „kind! du hast dich ja gar nicht verändert!“ für sie war das ein kompliment. für mich ein indiz, dass sie mal wieder weder richtig hinschaute noch zuhören wollte.
den führerschein gemacht? - kind, du hast dich ja gar nicht verändert!
das abitur bestens bestanden? - kind! du hast dich ja gar nicht verändert!
dreiviertel jahr weltreise durch südostasien, auf eigene faust und allein? - kind, du hast dich ja gar nicht verändert!
zum studium in eine andere stadt gezogen, ganz weit weg? - kind, du hast dich ja gar nicht verändert!
tausendmal unglücklich verliebt gewesen? - kind! du hast dich ja gar nicht verändert!
diverse jobs gemacht, um mein studium zu finanzieren? - kind! du hast dich ja gar nicht verändert!
zum weiteren studium in eine andere stadt gezogen, noch weiter weg? - kind, du hast dich ja gar nicht verändert!
anderthalb jahre in japan studiert? .... hah! auf keinen fall hätte ich es ertragen, wieder diesen standardsatz zu hören, der mich und meine seele gnadenlos in ihr kindchenschema presste und dort auf immer und ewig einbetonieren wollte. zumindest eine äußerlich unübersehbare veränderung musste her.
zwei tage vor dem rückflug ließ ich also in kyoto meine bernsteinfarbenen locken schwarz färben. kohlpechrabenblaujapanerschwarz! der friseur und alle seine mitarbeiterInnen rieten mir ab, weinten sogar und wollten mir meinen wunsch auf keinen fall erfüllen. ich redete in meinem schönsten kyoto-dialekt, dass ich innerlich schon längst eine japanerin sei und nun nur noch die äußere anpassung fehle ....
ihr seht, auch damals schon war ich fachfrau für besondere maßnahmen.
und was war? nach der landung in FfM besuchte ich gleich die mutter. sie hatte sich nach einer brustkrebs-op vorzeitig selbst aus der klinik entlassen. verantwortungslos! ihre begründung: sie wollte angeblich nicht, dass ich, kaum zurück auf wiedervereinigtem deutschen boden, als erstes in ein krankenhaus würde fahren müssen.
sie sah schlecht aus und schaffte es nicht, sich zu schonen. statt dessen versuchte sie, in ihrem garten bäume auszureißen, um den nachbarn zu imponieren. mir wäre sehr viel wohler gewesen, sie in ärztlicher obhut zu wissen.
diese mutter jedenfalls sah mich und meine schwarzen locken an, abschätzend mit kritisch strengem blick. dann sagte sie: „na, an die neue haarfarbe muss ich mich ja nun erst einmal gewöhnen. aber sonst hast du dich doch nicht verändert, oder?!“
vielleicht kommt ja daher mein bedürfnis, jeden tag auf alles mögliche mit einer anderen besonderen maßnahme reagieren zu dürfen, ohne dass mir jemand reinredet und von mir erwartet, dass ich mich auf keinen fall verändere. ich mach das einfach. das tut mir gut. das ist mo jour. mo jour ist jeden tag ein bißchen anders. und doch immer die gleiche. auch das ist eine besondere maßnahme!
dazu gratuliere ich mir mit 7-zwerge-kindersaft. auf in die nächste runde!
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