barke: schwanenweiher, breisach |
und dann ist mir der abschied gestern doch schwergefallen. von den menschen. nicht von der arbeit. es gab kolleginnen, die geweint haben, weil ich gegangen bin, weil sie mich so sehr vermissen werden. ich habe auch geweint, mit sehr gemischten gefühlen.
ich weinte tränen der verzweiflung, eben weil ich mich dort so sehr abschneiden und verengen musste, um die arbeit einer verwaltungsangestellten machen zu können. und ja! es hätte doch auch einfach ein netter arbeitsplatz sein können, oder?! wenn schon die bezahlung nicht über den eines 1-euro-jobs hinausging. war es aber nicht.
warum ist der arbeitsalltag im deutschen grauland oft so schwer und schwierig und freudlos, so kleinkariert und streng reglementiert? für lachen und menschlichkeit scheint kaum jemals platz zu sein. obwohl das doch niemals die arbeitskraft mindern, sondern ganz im gegenteil erst alle energien so richtig in fluss bringen könnte.
woher kommt dieses deutsche vorurteil, dass – wer lachen kann und charmant sein, angeblich nicht richtig arbeiten will, statt dessen faul sei und „nicht bei der sache“? ich halte es da lieber mit dem dalai lama, der einmal sagte (oder schrieb) „wenn leute lachen, sind sie fähig zu denken“. namastè!
aber dort, nun ja. ich will ja niemandem böses unterstellen. aber ich hatte doch des öfteren den eindruck, dass da menschen unterwegs waren mit der maxime „wer zuerst lächelt, hat verloren.“ ich habe meine würde gewahrt und mich nicht daran gehalten.
nicht geweint habe ich bei der obligatorischen verabschiedung im beisein vieler kollegInnen. da habe ich mich da so dermaßen zusammengerissen, dass ich mich jetzt kaum noch an die situation erinnern kann – weder an menschen noch an worte. ich bekam nicht nur ein offizielles abschiedsblümchen, sondern gleich mehrere sehr persönliche geschenke und grußkarten verbunden mit der bitte, den kontakt nicht abzubrechen. das weiß ich noch, weil die beweise jetzt hier vor mir auf dem tisch liegen. das berührt mich sehr. ich habe spuren hinterlassen, und ich habe so vieles bekommen im herzen. das ist in geld und gold nicht aufzuwiegen.
im nachhinein weine ich tränen der erleichterung, weil ich meine vertragspflicht erfüllt habe und fertig bin. ich habe auf diesem arbeitsplatz sooo sehr gelitten. auch wenn ich das dröge hochschul-, verwaltungs- und wissenschafts-speak in den fast sieben monaten einigermaßen verstehen gelernt habe – so war ich doch bis zum schluss nicht darin heimisch und habe mich immer gefühlt wie auf einem giftgrünen planeten in einer feindlichen galaxie. jetzt darf ich wieder nach hause und bin erst einmal damit beschäftigt, den weg zu mir selbst zurück zu finden.
gleichzeitig bin ich stolz, eben WEIL ich durchgehalten habe bis zum schluss, meinen vertrag „ordentlich“ erfüllt: keine unnötigen krankheitszeiten produziert, bei aller not eine gute kollegin gewesen und korrekte arbeit abgeliefert sowieso – auch wenn ich mich dabei oft fast zu tode gelangweilt habe oder bis an die grenzen genervt war.
ich fühlte mich auch oft überfordert, weil es zwar jede menge arbeitsaufträge gab, aber fast keine einarbeitung: die informationen, die notwendig waren zur erledigung, die musste ich mir oft erst mühsam selbst beschaffen bzw. hellsehen. das war überaupt kein schönes arbeiten, weil meistens nicht einmal die auftraggeberInnen wussten, was genau zu tun war.
stolz und dankbar bin ich – in aller demut – dass ich das alles durchgehalten habe, ohne einen rückfall in den alkohol zu machen. das ist bei allem das wichtigste für mich – und die oberste bedingung, um meine jetzt neu wiedergewonnene „freiheit“ so gut wie möglich genießen zu können.
etwas angst ist gerade auch dabei, weil ich nach der sommerpause vorerst wieder nur von zu hause aus arbeiten werde, da ist auswärts noch nichts in sicht. das wird mir wahrscheinlich nicht ganz leicht fallen, dann wieder ohne spiegelung im außen leben zu müssen: niemand, der/die regelmäßig 'guten morgen' zu mir sagt und so'n zeug, was für „alle anderen“ ganz normal zum leben dazugehört. nichts wird passieren, das ich nicht selbst vorher geplant und organisiert habe.
statt dessen werde ich wieder tag und nacht den vermieter auf seinem akkordeon dudeln und dazu pseudomelodisch jaulen hören. weia. aber darüber kann ich immer noch jammern, wenn es dann so weit ist ;-)
fröhlich bin ich jetzt, und das ist wirklich wunderbar! das fühlt sich fast so unbeschwert an wie früher als kind, dieses jubelnde „die doofe schule ist aus! zeugnis ist gut! ein langer wilder sommer liegt vor mir!“
das ist und bleibt wohl immer die schwierigste und gleichzeitig schönste aufgabe in meinem leben: die zu werden und zu sein, die ich wirklich bin.
nun also zurück zu mir: freie radikale – mit allen vor- und allen nachteilen. yessss!
--------