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Sonntag, 16. Mai 2010

unfug en gros & en détail III - die blaue glockenelfe

von den sonnenstrahlenkindern habe ich euch ja schon berichtet. aber hier in den weinbergen passieren noch ganz andere dinge: zur zeit habe ich etwas stress mit der blauen glockenelfe im blauglockenbaum vor dem südbalkon.

blauglockenbaum (paulownia tomentosa)

dabei ist das ein großes glück, dass die überhaupt da ist. denn blaue glockenelfen sind in unseren breitengraden noch seltener als die ohne­hin schon rare chinesische pawlonia, von dem ein großes exemplar im garten der vermieter steht.

der blauglockenblumenbaum, der so heißt wegen der großen blauen blütenstände im mai, wächst hier wie ein wunder. aus den schönen blauen blüten werden im sommer saftige grüne blauglocken­baum­nüsse, die dann im herbst an den zweigen trocknen und braun werden.

diese nüsse sind groß wie murmeln, innen fast hohl, und sie raschelklappern im wind. für diese ver­wandlung braucht der blauglocken­baum enorm viel kraft und wärme. beides kommt hier in den weinbergen von der sonne, aber auch aus dem vulkangesteinsboden. davon profitiert der blau­glocken­baum. und auch die kleine blaue glockenelfe.

blaue glockenelfen sind nämlich noch verfrorener als blauglockenbäume. unsere hier ist aus versehen mit dem samen­korn des baumes aus südchina herübergekommen.

ihr sagt, das geht nicht, dass die blaue glockenelfe im samenkorn des blau­glockenbaumes herübergekommen ist! ja wie denn sonst?!die blaue glockenelfe ist doch ganz ganz klitzeklein, nur wie ein streichholz so groß. und alle welt weiß, dass die blauen glockenelfen nachts am liebsten und immer in den samen-nüsschen des blauglockenbaumes schlafen, weil sie da so sanft hin und her geschaukelt werden.

unsere blaue glockenelfe, die war schon in ihrer heimat dafür bekannt, dass sie besonders gern und besonders viel in diesen schönen nussbettchen geschlafen hat. am liebsten jeden tag in einem anderen, wenn noch genügend da waren.

als die blauglockenbaumsamen zum versand verpackt wurden, hat die blaue glockenelfe das einfach verschlafen. der chinesische gärtner hatte keine ahnung, dass er da quasi einen blinden passagier geerntet hat. er wußte noch nicht einmal, dass es blaue glocken­elfen überhaupt gibt.da kann man mal wieder sehen, dass die menschen in china auch nicht viel klüger sind als wir hier.

tja. da war die blaue glockenelfe ganz allein. weil sie sich alleine etwas fürchtete, ist sie einfach in der nussschale liegen geblieben. sie ist auch geblieben, als aus dem blauglockenbaum­samenkorn erst ein kleines blauglocken­bäumchen wurde, das man samt elfe in die weinberge verpflanzte. und jetzt, wo aus dem kleinen blauglockenbäumchen ein großer starker blauglockenbaum geworden ist, da bleibt sie natürlich erst recht. denn blauglockenbaumnüsse gibt es nur am blau­glockenbaum. und wo sollte sie sonst schlafen?

weil die blaue glockenelfe hier ganz allein ist wie eine mutterseele ohne ihre gewohnte zahlreiche verwandt­schaft und weil sie immer ein bißchen friert in ihrem blauen glockenkleidchen, ist sie – besonders in diesem jahr, wo der winter so lang war - oft ein bißchen zickig vor lauter heimweh. im grunde aber ist sie genau so schön und gut und wunder­bar wie ihr wohnbaum.

es war natürlich eine riesige umstellung vom fernen china hierher nach germany südwest. aber blauglockenbaum bleibt blau­glocken­baum, und das ist die haupt­sache! so lange sie so lange sie will in ihren nüsschen schlafen kann, geht es der blauen glockenelfe gut und alles andere ist ihr piepegal. außer wenn sie geweckt wird. das kann sie schon mal gar nicht leiden!

nun ist es ja aber so, dass es da noch den dorfspecht gibt. der hat eine rote mütze auf dem kopf und kommt jeden morgen, um sein früh­stück aus dem blauglockenbaum herauszu­klopfen. meistens bringt er noch seinen kumpel mit. der kumpelspecht hat auch eine rote mütze auf dem kopf. dann klopfen sie zu zweit. so sind sie, die männer: jede menge lärm schon vor dem frühstück!

die blaue glockenelfe kann bei dem lärm natürlich nicht weiter schlafen und wird wach von dem ganzen spechts­geklopfe. dann ist sie sauer. aber wie! sie ist immer ganz indigniert, wenn sie schon vor dem wachwerden aufstehen muss!

ganz empört krabbelt sie dann aus ihrer schlafnuss und guckt sich kurz an, wer da so früh schon so laut klopft. sie nimmt die nuss, in der sie bis gerade eben noch geschlafen hat und schmeißt sie nach dem specht. oder nach dem kumpelspecht.

für uns menschen wäre das natürlich unvorstellbar, jeden morgen mit dem eigenen bett nach dem wecker zu schmeißen oder sonstewem. das ist aber nur des­wegen so, weil in jeder wohnung für jeden menschen immer nur ein bett steht. wenn man das morgens weg­schmeißt, hätte man ja für die nächste nacht keines mehr.

bei den blauen glockenelfen ist das anders. denn sie leben ja nicht in wohnun­gen, sondern immer nur auf blauglocken­bäumen. auf jedem blau­glocken­baum gibt es unzählige blau­glockenbaumsamen­nüsse. immer. die fallen nämlich im winter nicht ab wie die blätter, sondern sie bleiben hängen. damit die blauen glocken­elfen auch im sommer und sowieso immer darin schlafen können.

ganz egal zu welcher tages- oder jahres­zeit: wenn eine blaue glockenelfe müde wird, dann legt sie sich zum poofen direkt in die nächste nuss. so einfach kann das leben sein!

schlafnüsse gibt es für die blaue glocken­elfe also immer genug. des­wegen kann sie es sich auch leisten, ihre verschlafene nuss morgens gleich nach dem aufstehen mit karacho durch die gegend zu pfeffern.

den beiden spechten macht das übrigens gar nichts, denn sie haben ja rote mützen auf dem kopf. selbst wenn sie von so einer blauglockenbaum­nuss mal getroffen werden sollten: die roten mützen schützen sie vor dem gröbsten.

um ehrlich zu sein: die kleine blaue glockenelfe ist immer noch ziemlich nacht­blind, wenn sie so wachgeklopft ihr gute­nachtnüsschen durch die gegend schmeißt. deswegen hat sie auch den specht oder seinen kumpel noch nie getroffen.

leider passiert es immer öfter, dass ihre nuss aus versehen auf meinem balkon landet. wenn ich zufällig gerade die blumen gieße, muss ich mich schnell ducken. sonst landet die blauglockenbaumnuss an meinem kopf statt bei den spechten. das wäre mir sehr unangenehm. denn ich habe ja nicht so eine schützende rote mütze auf dem kopf wie die beiden spechtjungs.

einmal hätte die blaue glockenelfe mit ihrer wurfnuss fast die katze getroffen. obwohl die katze gar nicht geklopft hatte. meine katzen haben nie am frühen morgen an irgend­einem baum herum geklopft! niemals nicht. nirgendwo.

na ja.
jedenfalls liegen immer ziemlich viele samennüsse vom blauglockenbaum auf meinem balkon herum und unten im garten auch. was mit denen weiter passiert, das erzähle ich euch ein andermal. und auch, wie lustig das mit der blauen glockenelfe sein kann, wenn sie gute laune hat!


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