wieviel zeig' ich her von mir, im klartext? in diesem weblog wünsche ich mir einen ort für meine kleinen geschichten, für anekdoten aus meinem leben, aber auch für gedanken über die große göttin & die welt: mal kreativ, mal kritisch, mal kitsch.
mo jour - on the beach |
ich möchte mein innerstes nicht verstecken, will nicht 'so tun, als ob ....' – das habe ich die meiste zeit meines lebens getan. es hat mich sehr krank gemacht.
ich habe beschlossen, hier im "büro für besondere maßnahmen" so offen zu sein, wie mein herz und derzeitiges wissen um die welt es nur zulassen. was namen, wohnort, umfeld angeht, werde ich lebewesen und dinge anonymisieren, pseudonymisieren, mit wörtern verfremden – vorerst zumindest, als 'besondere maßnahme', um mich selbst zu schützen.
andererseits weiß ich, dass ich mit meinen themen nicht allein bin auf dieser welt. ganz im gegenteil: wir sind millionen!
da sind schwer zu durchbrechende tabus. immer noch! es ist in dieser gesellschaft nicht opportun, wenn man nicht ganz oben mitschwimmt – darüber wird höchstens in der dritten person gesprochen. das passiert immer nur den anderen. die armen! aber nur ganz ganz selten erzählen die menschen selbst, was es für sie bedeutet, wie es ihnen damit geht.
genau das ist es aber, was arbeitslosigkeit mit zunehmender armut & vereinsamung, seelische & körperliche 'unzulänglichkeiten' und – wie unappetitlich! - wechseljahres- & andere altersphänomene so schlimm, so unerträglich machen: zum stillschweigen verurteilt zu sein! darüber spricht man nicht! was sollen denn die nachbarn denken?! also redet man nicht darüber - weil man sich schämt und weil man angst hat, abgestempelt und stigmatisiert zu werden.
wenn ich öffentlich erzähle, dass ich – trotz bester ausbildung und ausgestattet mit einem mensatauglichen intelligenzquotienten - ergänzend hartz4 beziehe, kriege ich dann überhaupt jemals wieder einen auftrag?
wenn ich hier offen erzähle, dass ich - seit vielen jahren trockene - alkoholikerin bin, wird mich jemals wieder jemand einstellen?
wenn ich erzähle, dass ich bisweilen – trotz allen mutes, trotz aller zuversicht, trotz allen humors – völlig verzweifelt heulend depressiv in der ecke sitze, weil mein leben seit einigen jahren immer nur schrumpft … - wird das hier noch jemand lesen wollen?
wenn ich erzähle, dass ich mit mitte vierzig schon in den wechseljahren stecke, dass meine ehemals schöne taille sich auf nimmerwiedersehen verabschiedet und in einen matronenspeckgürtel verwandelt hat – wird jemals wieder ein mann mich liebevoll anschauen?
nun ja. es ist, wie es ist.
meine gutbürgerliche nachbarschaft will solcherlei nicht hören. das einzige, was wir gemeinsam haben, ist die schöne aussicht ins rebenland. mehr nicht.
für diese nachbarschaft tue ich weiterhin 'so, als ob …' ich die erfolgreiche selbständige unternehmerin sei.
mit mir vertrauten menschen aber - und hier im weblog, für all die andern, denen es auch so geht! - da will ich ganz sein dürfen. weil das heilen hilft - deswegen ist es einen versuch wert. oder was meint ihr?
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