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Freitag, 28. Juni 2013

zyklen

ein wortgeplänkel

keine drei tage mehr, dann ist das jahr 2013 zur hälfte vorbei. vergangene woche war sommersonnenwende. seither werden die tage schon wieder kürzer.

mittsommerberg 2013

die zeit rast, gnadenlos wie eine planierraupe. wenn sie einer doch wenigstens auch die falten glätten würde! es kommt mir vor wie ein fingerschnipp, diese sechs monate seit der letzten wintersonnenwende. als ich mich so gefreut habe, dass die tage nun wenigstens nicht mehr kürzer werden.

woran liegt das, dass die zeit kürzer zu werden und schneller zu vergehen scheint, wenn wir älter werden?

zum einen, denke ich, liegt es an einem 'mehr' an insgesamt gelebter zeit. das mathematische verhältnis einer gewissen zeitspanne zur insgesamt gelebten zeit verändert sich und erscheint uns dadurch weniger lang. ein beispiel:

ist eine fünf, dann macht ein halbes jahr satte zehn prozent des bisherigen lebens aus. das ist viel! mit fünfzig, da sind sechs monate gerade mal noch ein prozent. ein prozent ist viel weniger als 10 prozent, das ist allen klar und logisch. also kommen uns auch im alter sechs monate verhältnismäßig kürzer vor als in der jugend – auch wenn objektiv gesehen sechs monate natürlich immer gleich lang sind.

und: ein prozent von irgendetwas – was ist das schon?! falls wir das verlieren, das ist nicht so schlimm. wir haben ja noch 99 andere!

ein anderer aspekt erscheint mit der, dass es im alter weniger neues gibt. als kind traf ich fast täglich auf neues, entdeckte ich ständig unbekanntes, es gab mehr überraschungen!

jetzt im alter … nun ja. ich drehe mich im hamsterrad meiner nicht einmal selbst gewählten verpflichtungen und komme nicht vorwärts. nichts schönes passiert mehr. nichts wirklich spannendes gibt es mehr zu entdecken. nur katastrophen geben noch eine zäsur.

wenn man zum beispiel drei wochen lang urlaub macht – was ja heutzutage eine seltenheit ist, aber stellt euch das einfach mal vor, so wie es früher üblich war – drei wochen am stück irgendwo anders, wo man noch nie war, wo es schön ist und spannend!

da kam einem die erste woche auch immer verhältnismäßig länger vor, weil es so viel neues zu entdecken gab, weil so viel noch unerlebtes wirklichkeit wurde. welch ein genuss! in der mittleren woche wurde dann das „neue“ zur gewohnheit und in der letzten woche dachte man schon wieder ans kofferpacken. von tag zu tag schien der urlaub schneller zu vergehen! obwohl doch jeder tag 24 gleich lange stunden hat.

und erst die großen ferien, damals! sechs unendlich lange wochen am stück! voller abenteuer, voller ungewissheit, auf jeden fall aber ohne diesen schrecklichen zwang, jeden morgen denselben weg in die immer selbe schule latschen zu müssen. welch eine freiheit!

was aber sind heute noch sechs wochen? die vergehen im alltagstrott und sind nicht weiter der rede wert, weil es mindestens so lange braucht, bevor man einen arzttermin bekommt. oder eine antwort auf das schreiben ans amt – wenn überhaupt. da passiert nicht groß etwas in der zwischenzeit.

es scheint gerade so, als ob sich andere von meiner zeit ernähren. oder zumindest ziemlich verschwenderisch damit umgehen.

ein tag ist ein guter tag, wenn nichts kaputt geht, wenn ich nicht betrogen, nicht bedroht und nicht belogen werde. wenn kein scheußlicher brief vom jobcenter auf dunkeldeutschgrauem papier im echten postkasten liegt und auch keine böse email im virtuellen online-speicher eintrudelt.

dann muss man schon froh sein. wenn aber leben nur noch die abwesenheit von unglück und schikanen bedeutet, dann ist vom leben nicht mehr wirklich viel übrig – und es ist auch kein gelungenes.

gelungenes leben bedeutet doch freiheit! sollte es zumindest. so steht es im grundgesetz. wenn eine nicht in freiheit lebt, fühlt die gelebte zeit sich seltsam schal an und vergeht – in der rückschau – schneller. viel zu schnell. weil die tage sich gleichen wie ein ei dem anderen.

genau umgekehrt verhält es sich mit der aktuell gelebten zeit im sogenannten hier und jetzt, der erlebten gegenwart: wenn eine das hier und jetzt nicht liebt, wenn sie unfrei ist, dann vergeht die gegenwart zäh und klebrig wie kaugummi. nämlich fast gar nicht. alle stunden, alle tage fühlen sich irgendwie gleich an.

in freiheit gelebte aktuelle gegenwart hingegen vergeht sehr schnell: „wie im flug,“ sagt man auch so schön. frei und fliegend, ein sehr lebendiges bild. in der rückschau erscheint einem die in freiheit gelebte zeit dann länger, weil man so vieles zu erinnern und zu erzählen hat.

wer aber im hamsterrad gefangen ist und nur hofft, dass es nicht aufhört sich zu drehen, weil das leben sonst vorbei wäre, die hat später weder etwas schönes zu erinnern noch zu erzählen.

da ist es egal, ob eine sich sechs tage, sechs wochen, sechs monate oder sechs jahre leben lang im kreis gedreht hat.

das, denke ich, macht den größten unterschied.

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