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Januar 2021

Das Büro für besondere Maßnahmen ist ab sofort erreichbar auf mojour.de

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Donnerstag, 1. Dezember 2011

mehr licht

ziemlich genau fünf wochen ist es nun her, dass ich wegen heftigst konkreter suizidgedanken in der psychiatrischen klinik war. die fünf tage, die ich dort verbracht habe, hatten und haben für mich große nachwirkungen.

ich schrieb ja bereits, dass durch die organisierte nichtbehandlung, die ich dort erfuhr, wie durch ein wunder meine inneren selbstheilungskräfte aufs schönste reaktiviert wurden.

im außen wurde dies noch unterstützt durch eine enorme klimatische veränderung in meinem wohnumfeld. die schöne aussicht in meinem 'büro für besondere maßnahmen' ist noch schöner geworden:

der baum ist weg. der riesengroße dunkelgrüne baum direkt vorm fenster ist nicht mehr. vorm balkon also nun keine grüne wand mehr, die meinen blick verdunkelt.


die hausbesitzer mussten den stattlichen, mehr als dreißig jahre alten blauglockenbaum fällen lassen, weil er sehr nah am haus stand und die wurzeln das fundament angegriffen haben. viertelmeterbreite mauerspalten taten sich auf!

zum anderen war er von innen verfault, die dicken äste und teile des stammes waren hohl. wir alle hatten angst vor einem großen unglück bei jedem gewitter!

der abschied von meinem schönen märchenbaum war zunächst auch traurig. ab sofort keine blaue glockenelfe mehr, die mich mit nussschalen bewirft. kein schwarzweißer buntspecht mit rotem käppi, der mich schon frühmorgens ausdauernd wachklopft. auch kein heiserer grünspecht mehr, dessen ruf klang, als ob er mich wiehernd auslachte.

die frechen spatzen und die munteren meisen zwitschern und tschilpen nun in der hecke. nicht weit weg. aber keine flugversuche des nachwuchses mehr direkt vor meinen augen (und dem der katze).

auch die amsel hat einen neuen platz gefunden, ebenso wie die schwarzen krähen:


das ist also meine neue aussicht: freie sicht aufs schönste bergundtalpanorama. fürs erste wurde auch gleich in der nachbarschaft ein mobiler ersatzbaum installiert. das soll wohl den abschied vom echten baum etwas erleichtern. mein ausblick übers tal ist dem der krähen gleich. wie die meckeropas in der muppetshow hocken die zwei dort oben und mokieren sich über die kleine welt da unten. ich mokiere mit.

der amselmann sitzt nun nicht mehr oben im baum, sondern auf der obersten kranetage und übt schon mal neue strophen fürs frühjahr, die treue flötenseele.

im büro für besondere maßnahmen ist jetzt mehr licht – die sonne scheint mir direkt herein. manchmal blendet sie mich beim arbeiten. dann sitze ich mit sonnenbrille vor dem klapprechner.

es ist auch wärmer geworden in der wohnung: ich darf keine schokolade mehr liegen lassen auf dem tisch. also esse ich sie gleich. das kommt mir entgegen.

wie es im sommer wird, wenn kein grünes schattendach mein nest unterm giebel mehr kühlen wird, bleibt abzuwarten.

auch das mikroklima im ganzen haus wird sich ändern. wenn auch der hausbesitzer mit seinen nicht nur lärmenden, sondern auch erdbebenden heimwerkergeräten mir erhalten bleibt. gerade jetzt ist er damit beschäftigt, den von den baumfäll- und baumstumpfausgrabearbeiten leicht ramponierten garten mit einem benzinmotorbetriebenen vertikutierer der marke extralaut gründlichst umzupflügen. mit getöse! seit einer dreiviertelstunde! schließlich sollen die vierzig quadratmeter wiese bis zum nächsten frühjahr wieder zum gestriegelten golfrasen getrimmt werden ....

man hätte denken können, dass ich mich an diesem ungewöhnlich warmen ersten dezembernachmittag auch mal mit einem kaffee auf den balkon hätte setzen können. aber bei dem lärm ertrage ich das nicht.

naja. irgend was is' immer, das wissen wir ja schon. daher genieße ich heute nur das neue licht. auch das tut mir schon gut, geht mir unter die haut bis ins herz: es ist, als ob ich in eine andere, noch schönere wohnung zurückgekehrt wäre.

das gibt mir neue kraft. nicht nur die real existierende aussicht, auch meine lebensan- und aussichten werden wieder lichter. manches ändert sich. ich ändere mich, kann plötzlich das eine oder andere heiterer sehen, lasse die dinge ein wenig entspannter auf mich zukommen und an mir vorbeifließen.

ich kümmere mich um zeugs, das schon lange unerledigt herumlag und mich – stumm vorwurfsvoll – belastetete. nun räume ich's auf und weg, repariere und sortiere aus. eins nach dem andern. das macht ein aufgeräumtes gefühl. neues kommt auf mich zu, das spüre ich genau.

es ist noch längst nicht alles wieder 'gut' in meinem leben. aber vieles ist gut auf den weg gebracht. gleichzeitig bin ich völlig verwundert, wo so viel alte und neue kräfte plötzlich herkommen. schön ist das, und ich genieße es sehr!

eine von euch schrieb mir im sommer in die kommentare „man soll nicht fünf minuten vor dem wunder die hoffnung aufgeben.“ also habe ich die hoffnung nicht aufgegeben. das war mal ne echte besondere maßnahme! und siehe da: die energie von 'mehr licht' ist ein wunder, ganz sicher.

ein weit größeres wunder ist übrigens derzeit noch >>>in arbeit. davon mehr, sobald es vollbracht ist!


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