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Januar 2021

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Sonntag, 23. Oktober 2011

ich bin dann auch mal weg

auch das schönste ehrenamt der welt kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich nach wie vor nicht ausreichend eigenes geld verdiene und auf ergänzendes arbeitslosengeld angewiesen bin.


seit der neuregelung der hartzIV-gesetze anfang des jahres 2011 ist es sogar noch etwas schwieriger geworden.

was habe ich mich anfangs gefreut über die 5 euro mehr im monat! schier geschämt habe ich mich, diesen betrag überhaupt anzunehmen für fundamentales nichtstun. und nicht nur das – es war ja noch viel mehr!

es gab nämlich eine versteckte erhöhung des regelsatzes dadurch, dass ich die kosten für mein warmes wasser zum duschen nicht mehr komplett aus dem regelsatz bestreiten muss. dort war es allerdings (von 2005 bis 2010) gar nicht erst berücksichtigt, so dass alle langzeiterwerbslosen (theoretisch) immer kalt duschen mussten.

das kann man doch auch mal erwarten. irgendwie muss der kreislauf schließlich in schwung gebracht werden, wenn unsereins schon nicht für geld arbeiten geht.

neuerdings – also seit april 2011 - sind wir laue warmduscherInnen mit staatlicher unterstützung! bis zu einem monatlichen betrag in höhe von 6,47 euro gehört das warme wasser jetzt zu den kosten der unterkunft. das ist voll der luxus! wenn ich ein bißchen spare, kann ich mir vielleicht auch mal wieder ein heißes ganzkörperbad leisten. im winter. wenn es kalt ist.

die neuregelung von alg2 ergab also insgesamt eine erhöhung des regelbedarfs um sagenhafte 11,47 euro im monat. ab januar 2012 werden es sogar noch 10 euro mehr. einfach so: für die pflege der faulen haut, die längst wundgelegen ist. ich weiß noch gar nicht wohin dann mit dem vielen geld.

nun aber mal die ironie abgeschaltet:

seitdem das alg2 um 5 euro erhöht wurde, muss ich von meinem monatlichen zuverdienst wesentlich mehr abgeben. ich bezahle die erhöhung also quasi aus eigener tasche – und das geht so:

nehmen wir mal an, ich hatte 2010 einen 400-euro-job (oder ein dozentenhonorar oder einen lektoratsauftrag oder was auch immer) und zusätzlich ein ehrenamt mit aufwandsentschädigung.

die aufwandsentschädigung fürs ehrenamt durfte ich bis zu einem betrag von 175 euro monatlich in voller höhe behalten. vom anderen einkommen durfte ich die ersten 100 euro behalten, vom rest 20 prozent, macht 160 euro. die freibeträge wurden addiert, ich durfte von 575 euro einnahmen 335 euro behalten.

seit diesem jahr gilt nur noch der höhere freibetrag, einkommen aus erwerbstätigkeit und ehrenamt werden nicht mehr unterschiedlich behandelt. das bedeutet, dass mir von 575 euro einnahmen nur noch 270 euro übrig bleiben. also 65 euro weniger als bisher. abzüglich der „erhöhung“ des regelsatzes habe ich dadurch jetzt monatlich 53,53 euro weniger zur verfügung als vorher.

frau von der leyen, unsere halbadelige bundesblondine mit keifestimme, hat also (in meinem beispielfall) eine kürzung des erlaubten zuverdiensts um 25 prozent durchgesetzt. oder auf deutsch: wer mehr arbeitet, wird auch mehr bestraft. herzlichen dank!

(die gesetzeslage dazu im einzelnen ist nachzulesen bei gegen-hartz.de)

darüberhinaus ist dem jobcenter scheinbar gar nicht daran gelegen, dass ich überhaupt arbeiten kann. nach wie vor torpedieren sie von dort meine gesundheit. trotz gegenteilig lautender fachärztlicher atteste werde ich weiter gezwungen, eine neue wohnung zu finden und umzuziehen. ich habe hier vor monaten mal darüber geschrieben.

neuerdings werden mir sogar sanktionen angedroht wegen angeblich unzureichender mitwirkung. die folge von alledem: durch den vom jobcenter ausgeübten zwang und druck, durch die hoffnungslose ausweglosigkeit der situation werde ich krank und kränker. seit anfang des jahres war ich - allein durchs amt verursacht - mehr als elf wochen arbeitsunfähig.

ich halte den druck nicht mehr aus, kriege die balance nicht mehr hin, entgleise mir immer öfter. einen rückfall in den alkohol konnte ich bislang zwar verhindern, aber der druck bricht sich bahn in sehr ungesunder selbstverletzung.

ich erschrecke über mich selbst und über die wucht meiner ohnmächtigen wut. inzwischen kann ich sogar die gedanken von selbstmordattentäterInnen nachvollziehen. meine schrecklichsten rachephantasien gehen in solche richtungen.

nein, habt keine angst um mich mich: für so ein zerstörerisches krawumm bin ich viel zu gut erzogen. statt dessen richte ich den hass gegen mich selbst. das ist, als ob ich selbst todesgift schlucke in der hoffnung, dass die anderen daran zugrunde gehen.

ich halte es nicht mehr aus, bin am ende meiner kraft, aber ich kann es aucht nicht selbst abstellen. deswegen bringe ich mich in sicherheit vor mir selbst, in eine therapeutische klinik. für länger. das jobcenter hat es also geschafft und mich krankenhausreif schikaniert.

„alle symptome eines burnout“ - sagte eine befreundete therapeutin. als erwerbslose kann/darf man aber natürlich keins haben. deswegen verschreibt die ärztin: „depressive dekompensation mit selbstmordgedanken“

auch in der klinik werde ich vieles aufschreiben. weil mein schreiben mir immer geholfen hat, erlebtes zu strukturieren, zu verarbeiten und zu genesen. ob ich dort aber einen internetanschluss habe oder ob ich überhaupt von dort texte veröffentlichen will, kann ich jetzt noch nicht sagen.

über kurz oder lang melde ich mich zurück, so viel ist sicher. habt es gut!


ps.
hier erzähle ich, wie's war:
teil 1

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