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Samstag, 20. November 2010

glückskind

es gibt so tage, da könnte ich zwitschern vor freude. da passieren in meinem prekären leben dinge, von denen ich nicht mal mehr zu träumen wage. aber plötzlich sind sie echt und wahr.

amsel 

neulich vor einem monat zum beispiel. da bekam das kleine alte auto nach vielen reparaturen gegen teuer geld eine neue TÜV-plakette. gegen sehr teuer geld, das ich im grund gar nicht besitze – und doch irgendwie aufgetrieben habe, weil mir das kleine alte auto so wichtig ist. es ist schwarz.

wenn es im vergangenen jahr eine doppelte abwrackprämie gegeben hätte für autos, die doppelt so alt sind: ich hätte sie vielleicht doch genommen. so aber habe ich diesen schrottwahnsinn nicht mitgemacht. das wäre mir zu billig gewesen. für nur zweieinhalbtausend ocken hätte ich mein kleines schwarzes nicht hergegeben.

die neue TÜV-plakette war gerade mal drei tage alt, da krachte unterm auto der auspuff ab. großer schreck! und große angst, jetzt noch mehr teure reparatur bezahlen zu müssen.

mein büro liegt ein bißchen am berg, die autowerkstatt ist weiter unten im dorf. wenn das auto mal nicht anspringt, kann ich einfach runterrollen. notfalls macht der werkstattmann auch hausbesuche. das ist ein echter schatz.

der werkstattschatz machte große augen, als er den weggebrochenen auspuff an der letzten schelle hängen sah. es war ihm wohl auch peinlich, dass sowohl er als auch der TÜV-man die marode stelle übersehen hatten.

nahm er also das auto sofort auf seine halbautomatische hebebühne, besah den schaden, diagnostizierte, dass er das mal eben schweißen könne und schickte mich auf einen spaziergang in die reben.

als ich nach einer knappen stunde zurück kam, saß der auspuff wieder gerade und hatte die schönste verstärkte und kunsthandwerklich verzierte schweiss- und lötnaht von allen. an der stelle geht der auspuff sicher nie wieder kaputt.

kosten der reparatur? „nix. das schenk ich dir.“ jetzt hat das kleine alte auto einen eingebauten talisman mit schutzengel. ich bin entzückt. meine innere finanzministerin ist es auch.

da war ich glückskind vor einem monat, und in dieser woche schon wieder:

auch der klapprechner, auf dem ich die besonderen maßnahmen produziere, ist nicht mehr der jüngste. er ist zwar noch nicht so alt wie das kleine schwarze auto, aber auch schon seit 2003 auf dem markt. kleiner als der große graue kasten davor. und schwarz.

im grunde tut der klapperrechner ganz zuverlässig, was ich will; hat ein starkes 2giga-herz und für meine zwecke ausreichend graue speicherzellen. vor gut zweieinhalb jahren habe ich ihn gebraucht gekauft bei einem rentner in einem der schönen nachbardörfer.

seit einer ganzen weile aber hat das kleine schwarze notebook eine ziemlich lästige eigenart: es geht bei der arbeit einfach aus. ohne vorwarnung. mittendrin. zack! bildschirm schwarz. digitale schlafkrankheit.

wenn ich‘s danach wieder hochfahre, erscheint eine horrormeldung, weiß auf schwarzem bildschirm: ‚bad RTC battery‘. großer schreck, immer wieder!

mit bösen BIOS-batterien habe ich keine erfahrung. immer wieder habe ich den rechner einfach durch mehrfaches ein- und ausschalten ans laufen gekriegt. datum und uhrzeit wieder neu eingestellt. tutto va bene bis zum nächsten mal.

es blieb die angst, dass mein kleines schwarzes notizbuch irgendwann mausetot bleiben könnte nach so einem absturz. und dass trotz bester datensynchronisierung auf externer festplatte die schönsten maßnahmen verloren gehen könnten.

angst auch, weil computerreparatur ja teuer ist, neues notebook gleichzeitig mit neuer TÜV-plakette sowieso jenseits meines prekären budgets. da habe ich ganz schüchtern den notebook-man im anderen dorf kontaktiert, ob er wohl eine idee habe, woran das liegt und ob man da was machen könne.

prompte email zurück „Bitte bringen Sie das Notebook zu mir. Ich werde es Ihnen reparieren. Es ist nur eine Kleinigkeit.“

als ich das laptop hinbrachte und nach den reparaturkosten fragte, sagte er „das kostet fast nichts.“

als ich das laptop wieder abholte und nach den reparaturkosten fragte, sagte er: „das kostet nichts.“

es war nur eine lötstelle. nebenbei hat der notebookschatz innen und außen alles geputzt, hat katzenhaare und kekskrümel entfernt und sogar die pfeilnachoben-taste repariert, die ich immer mit tesafilm gefixed hatte.

nun hat auch das kleine schwarze notebook einen eingebauten talisman mit schutzengel. ich bin entzückt. meine innere finanzministerin ist es auch.

er wollte wirklich gar kein geld. den mitgebrachten rotwein feinherb aus der winzergenossenschaft gegenüber und das stück blütenkäse aus dem bioladen hingegen nahm er gerne. ich war sehr gerührt.

ich bin sehr gerührt. so viel glückskind!
das es menschen gibt, die nicht nur das geld sehen, die andere werte leben.
das ist gut.
das tut gut.
das stärkt mein herz!


[wer hätte je gedacht, dass ich mal ein loblied auf – wenn auch ausgewählte – männer schreiben würde?! das ist die besonderste maßnahme von allen.]


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