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Mittwoch, 21. April 2010

geschenkt: schaumschläger

wenn eine eine reise tut .... dann hat sie nicht nur was zu erzählen, sondern es wird auch von ihr erwartet, dass sie den daheim gebliebenen etwas freundliches mitbringt. zur erinnerung: das souvenir. sozusagen als wiedergutmachung dafür, dass sie alleine losgezogen ist und die anderen nicht mitgenommen hat.


woher dieser brauch stammt und seit wann es ihn gibt, habe ich leider nicht herausfinden können. es scheint aber etwas sehr archaisches zu sein. schon kleine kinder erwarten, dass papa oder mama ihnen etwas mitbringen, wenn sie das haus mal ohne anhang verlassen.

souvenirs scheint eine gewisse magie anzuhängen: aschenbrödel erhielt vom kutscher als mitbringsel aus der stadt drei haselnüsse von ganz außergewöhnlicher zauberkraft.

ein souvenir darf gerne etwas landestypisches sein, sozusagen als beweis dafür, dass ich tatsächlich an dem ort war, von dem ich im anschluss an die reise freudig oder traurig erzähle. freudig, weil ich dort war. traurig, weil ich nicht mehr dort bin. vielleicht.

ein souvenir darf aber auch nicht zu sehr an die ferne erinnern und auf keinen fall zu schön sein, um die armen daheim gebliebenen nicht noch neidischer zu machen, als sie es ohnehin schon sind.

individuell sollte es sein und zumindest ein bißchen auch der besouvenirten gefallen; ein souvenir darf nicht ärgern; also bloß nix kaufen, was dann zu hause doch bloß rumsteht und abgestaubt werden möchte oder sonstewie arbeit verursacht!

es soll leicht sein, damit der eigene koffer auf dem heimweg nicht so schwer wird.

auch zerbrechlich sollte es möglichst nicht sein, das verkomplifiziert die rückreise: meine 5kg handgepäck sind sowieso ausgebucht mit kamera und netbook. umso wertvoller fühlt sich die bedachte, wenn es dann tatsächlich etwas filigranes gibt, das nicht nur bei der auswahl, sondern auch beim rücktransport großer aufmerksamkeit bedarf.

was eignet sich also?

für mich selbst bringe ich gerne was für meine küche mit. ein besonderes kochwerkzeug, das es bei uns nicht gibt. oder ein gewürz. vielleicht auch irgend etwas aus dem supermarkt, etwas, das im besuchten land alltäglich – bei uns aber nur wenig bekannt ist. aus mauritius zum beispiel habe ich mir damals ein chutney aus zitronen, honig und chili mitgebracht. das war so dermaßen lecker, da träume ich heute noch davon! leider gibt es das bei uns nirgends. aber das ist ja auch gerade wieder das gute daran gewesen!

in zeiten der globalisierung ist das mit den sachen von ganz weit weg manchmal schon so eine sache. man kann ja inzwischen fast alles auch hier kaufen (mit ausnahme von mauritianischem zitronenchilihonigchutney) – oder zumindest übers internet bestellen. soll ich mir die mühe überhaupt noch machen?

so ess-sachen sind auch nicht jederfraus geschmack. was ich ganz lecker finde, mag meine freundin vielleicht überhaupt nicht. dann steh ich dumm da. manchmal passiert es mir auch, dass etwas, das ich vor ort unschlagbar köstlich fand, zu hause dann überhaupt nicht mehr schmeckt. weil die luft eine andere ist oder das licht, weil der tee mit anderem wasser gekocht wird, weil die zikaden hier nicht so laut singen. manches schmeckt eben nur dort, wo es auch hergestellt wird und ortsansässig zur kultur passt.

wo auch immer ich hinging in meiner osterferienwoche, überall gab es diese türkis(ch)blauen glasaugen gegen den bösen blick. in allen variationen. außerdem türkische süßigkeiten. prima, habe ich gedacht. aber denkste! das güllü lokum (geleewürfel mit rosenaroma) hätte ich wohl doch vorher probieren sollen ….

dann gab es noch seife. original osmanische olivenölseife! mit byzantinischem rosenaroma! das ist bei uns derzeit auch hochmodern. aber seife?! ich weiß gar nicht, wann das angefangen hat, diese marotte, dass sich plötzlich alle gegenseitig seife schenken.

zum ersten mal erlebt habe ich das vor rund zwanzig jahren in japan. japanerInnen schenken sich gegenseitig seife gleich kiloweise und finden das ganz unbedenklich. in japan macht das sinn, denn dort geht jedeR jeden abend ins o-furo, privat oder öffentlich. und dort ist es usus, sich vor dem heißen bad in der großen gemeinschaftswanne ganz und gar mit seifenschaum einzuhüllen, so dass nicht ein quadratzentimeterchen haut mehr nackig bleibt. sehr japanisch, diese verschäumte verschämtheit. da verbraucht sich ein seifenstück schnell.

ich selbst aber benutze seife am stück kaum noch, schon lange nicht mehr. duschgel, handwaschpaste – alles in flaschen oder tuben. für ein stück seife brauche ich mindestens ein halbes jahr, bevor es sich vollends in schaum aufgelöst hat.

seife ist für mich etwas sehr intimes, sie geht mir schließlich an (und über den geruch auch unter) die haut. da bestimme ich gerne selbst, woraus sie gemacht ist, wie sie sich anfühlt, wonach sie duftet. ich suche sie mir auch gerne aus: es ist mir ein großes sinnliches vergnügen, an den verschiedenen seifenkuchen zu schnuppern. das überlasse ich nicht gerne anderen.

weil es mir selbst also nicht angenehm ist, von anderen beseift zu werden, verschenke ich auch keine. höchstens auf ausdrücklichen wunsch.

leider hat sich das noch nicht so herumgesprochen: seit ungefähr zehn jahren bekomme ich ‚ständig‘ seife geschenkt. ich kann sie gar nicht so schnell verbrauchen, wie sie sich im schrank türmt. manchmal frage ich mich schon, ob ich vielleicht nicht gut rieche?

jedenfalls hänge ich total hinterher mit meinem seifenkonsum und benutze seit jahren notgedrungen irgendwelche seife, die schon ganz lange im schrank lag und mal ganz lieb gemeint war, die ich aber aktuell eigentlich gar nicht mag, bloß weil ich so ein schlechtes gewissen kriege, wenn ich sie wegwerfe und mich statt dessen mit meiner eigenen jetzt-lieblingsseife wasche.

ich muss das mal publik machen in meinem bekanntenkreis: mo jour kauft ihre seife selbst. es gibt dinge im leben, die kann eine kaiserin nicht delegieren. erst recht nicht, wenn sie so geruchsempfindlich ist wie ich es bin.

wo war ich, bevor ich auf der seife ausrutschte und mich daran festhielt? richtig: bei der möglichst gelungenen auswahl von souvenirs.

da hilft nur eines: vorher nachfragen! und zwar mit einer ganz direkten offenen frage, die eine konkrete antwort fordert. auf keinen fall mit der geschlossenen ja/nein-frage. also nicht „darf ich dir was mitbringen?“ das findet natürlich jedeR toll und sagt "ja!", aber mit der entscheidung stehe ich wieder alleine da. unbedingt fragen „WAS darf ich dir mitbringen?“ - darauf erwarte ich eine krass korrekte antwort. wenn die nicht kommt, dann gibt es eben .... schaumschläger?!


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